Eigenverbrauch Physikalische Grundlagen

  • Hallo,


    als Besitzer einer PV-Anlage mit Eigenverbrauch stehe ich immer wieder staunend im Keller vor meinen 3 Zählern
    um festzustellen, daß bei Sonnenschein tatsächlich der Bezugszähler stehenbleibt und die Geräte im Haus über den
    Zähler der PV-Anlage mit Strom versorgt werden und über einen weiteren Zähler,der mit dem EVU-Zähler gekopplet ist, der Reststrom ins Netz eingespeist wird.


    Als Laie hätte ich gerne einmal von einem Elektriker erfahren, warum das eigentlich so ist ? :roll:
    Um mein Verständnisproblem zu schildern, versetzen wir uns doch bitte einmal in einen Verbraucher, bspw. die Waschmaschine.


    Aus Sicht meiner Waschmaschine könnte doch der Strom nach wie vor aus dem Netz des EVUs "hereinströmen".
    Da wird doch nichts unterbrochen, oder ?
    Warum kommt eigentlich im Falle von Sonnenschein eigentlich nur der Strom aus der PV-Anlage ins Haus zu den Verbrauchern ?
    Als Laie und aus Sicht der Waschmaschine handelt es sich doch an der Eingangseite um eine Parallelschaltung.
    Es könnten doch sowohl Strom aus dem EVU-Netz als auch vom Wechselrichter zu mir "strömen".


    Wer kann mir das mal anschaulich erklären, warum dies so ist ? Vielleicht auch mit einem Schaltbild.


    Ein ähnliches Verständnisproblem habe ich im Falle einer Speicherlösung, die PV-Strom in einer Batterie speichert
    um ihn im Bedarfsfall, zeitversetzt wieder abzugeben.
    Warum bekomme ich als Waschmaschine dann Nachts eben Strom aus diesem Speicher und nicht vom EVU ?
    Beide Leitungsverbindungen sind doch ständig verhanden.


    Vielen Dank für klärende Worte und Bilder.
    Dann könnte ich es möglicherweise als Maschinenbauingenieur auch mal einem Elektroingenieur erklären. :mrgreen:


  • Hallo Wini,
    Als Maschinenbauer verstehst Du wahrscheinlich Hydraulik. Also stell Dir die PV Anlage als Brunnen vor, der bei Sonnenschein Wasser ins Hausnetz liefert. Die Waschmaschine ist ein Schluckbrunnen und nimmt Wasser aus dem Hausnetz. Der Hausanschluss verbindet das Hausnetz mit der Wasserhauptleitung in der Strasse.


    Wenn aus dem PV Brunnen 100 l/h ins Hausnetz fliessen und die Waschmaschine nur 30 l/h verbraucht fliessen 70 l/h in die Hauptleitung. Wie koennte da die Waschmaschine Wasser aus der Hauptleitung beziehen waehrend die PV Anlage Wasser hineinpumpt?
    Durch die Verbindung zur Hauptleitung kann Wasser nur in eine Richtung fliessen, entweder rein oder raus. Aber nicht gleichzeitig rein Richtung Waschmaschine und raus vom PV Brunnen.


    Ersetze Fliessrate mit Strom und Druck mit Spannung (bzw. richtiger mit elektrischem Potential) und Du bekommst ein schoenes Bild fuer Dein Verataendnisproblem.


    Gruss
    Jochen
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    14,8 kWp Solar Fabrik / Fronius
    23 kWp Bosch / Danfoss
    55 kWp Frankfurt Solar / Danfoss
    30 kWp Yingli / SolarEdge
    15,8 kWp Bosch / SMA
    Geschäftsführer und alleiniger Gesellschafter der Helianthus Solar GmbH

  • Hallo Jochen,
    vielen Dank für Deine ausführliche Antwort und den schöne Vergleich mit Brunnen und Wasser.
    Leider ist der Knoten bei mit noch nicht geplatzt.
    Neben der eigenen PV-Anlage, die ins Leitungsnetz "strömt", ist doch auch der Strom anderer, externen "Brunnen", bspw. eines Kraftwerk, im Netz und kann richtig Verbraucher "strömen".
    Der "Druck" ist übrigens der gleiche, (=230V Spannung) der sowohl am Zähler des Überlandwerkes als auch Zähler der PV-aNlage zu messen ist. Im Verteilernetz ist sogar noch ein höherer Druck, bspw. 20KV, der über einen Transformator (Druckminderer) gedrosselt wird.


    Oder ist da nicht vielmehr eine Art Weiche in den Zählern eingebaut, die verhindert, daß bei eigener PV-Strom-Produktion, Strom von aussen zufließen kann ?


    Gruß
    Wini
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  • Hallo wini,
    Der Druck (die Spannung) ist nur nominell die Gleiche. Wenn die PV Anlage produziert erhoeht sich die Spannung leicht, wie bei einem Brunnen der Druck steigen wuerde.
    Die hoehere Spannung treibt den PV Strom in Richtung Netz. Wenn eine Senke (der Eigenverbrauch) kleiner als der Brunnen (die PV Leistung) ist erhoeht sich die Spannung am Hausanschluss solange bis die ueberschuessige Leistung ins Netz gedrueckt werden kann (oder der Wechselrichter wegen Ueberspannung abschaltet).


    Gegen diese hoehere Spannung kann das Netz keinen Strom ins Haus druecken. Genauso wie eine Wasserleitung kein Wasser in ein Hausnetz druecken koennte, wenn der Brunnen mehr liefert als im Haus verbraucht wird.


    Geht alles automatisch, ganz ohne Umschalter oder Stromweichen.


    Gruss
    Jochen
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  • Genau. Die Spannung ist der Druck auf der Leitung und der bestimmt, woher die Energie kommt.


    Gruß

    6,6kWp West 92°, DN30°; 30xSolon Blue 220 an SB4000TL und 2100TL; 2008
    16,92kWp, davon 5,64kWp Ost 88°, DN30°;24xSchott Poly 235; 11,28kWp Süd -10°, DN10° 48xSchott Poly 235 an STP 15; 2011
    2,35kWp Südwest 72°, DN42°; 10xSchott Poly 235 an SB2100TL; 2011

  • wenn die pv mehr strom leistet als hinter dem zähler benötigt wird, dann gibt es keine grund, dass strom von draussen auch noch ins haus kommt, während dann umso mehr strom aus dem haus/aus der pv nach draussen fließen müsste.


    das meint jochen, wenn er sagt, die leitung ist voll. da geht physikalisch zwar mehr rein aber durch eine leitung fließen nie mehr elektronen als benötigt werden/überschüssig sind.


    der strom fließt also deshalb immer nur in eine richtung, weil es keinen grund gibt, dass strom in einem leiter in beide richtungen fließt: entweder man brauch strom, dann fließt die differenz zwischen eigenproduktion und verbrauch aus dem netz zu - oder man produziert mehr strom als man benötigt, dann wird strom eingespeist.


    und strom nimmt immer den weg des geringsten widerstandes (siehe blitz. der wählt den weg über eine eisenstange, weil die besser leitet als die reine luft). der strom würde _nicht_ den weg des geringsten widerstandes nehmen, wenn er von der pv aus dem haus raus und von der straße (oder noch schlimmer: von einem fernen kraftwerk) wieder rein und zu deinen verbrauchern fließen würde. es bedarf also keiner schaltung ohne weiche beim eigenverbrauch.