Warum haben Wechselrichter eigentlich mehr kVA als kW?

  • Hallo zusammen,


    mir sind die grundsätzlichen Bedeutungen der Angaben kVA und kW klar (glaube ich jedenfalls). Um Auszuschließen, dass ich mich trotzdem irre, wiederhole ich kurz das wie ich es verstanden habe.

    Durch Induktivitäten (Spulen) und Kapazitäten (Kondensatoren) verschiebt sich bei Wechselstrom der Strom gegenüber der Spannung. Gibt es keine Induktivitäten und Kapazitäten, ist Cos phi = 1 und Strom und Spannung sind im exakten Gleichtakt. In dem Fall sind kVA = kW.

    Der andere Extremfall wäre eine Phasenverschiebung von 90°. In dem Fall kann kVA beliebig hoch sein, kW ist dann trotzdem Null. Es gibt keine Wirkleistung sondern nur Scheinleistung.

    An den Stromleitungen zwischen Stromerzeuger und Last fällt aber immer die Verlustleistung an, die sich aus dem ohmschen Widerstand der Leitungen und dem fließenden Strom ergibt. Also auch wenn cos phi = 0 ist, bei einer 90° Phasenverschiebung, wo eigentlich nur Scheinleistung abfällt, werden die Leitungen genauso belastet, wie wenn cos phi = 1 wäre.


    Nun die Frage: In so einem Wechselrichter schalten ja Mosfets oder IGBTs die Ströme. Das sind ohmsche Widerstände. Also müsste die dort abfallende Leistung eigentlich auch unabhängig vom cos phi sein. Warum aber hat mein Victron Multiplus 2 5000 denn dann eine maximale Leistung von 4 kW ODER 5 kVA?

    Wenn er 5 kVA aushält, dann müssten das bei cos phi von 1 doch eigentlich auch 5000 Watt sein. Aber auch wenn ich nur Heizungen und Boiler an schließe (also rein ohmsche Lasten) , beginnt nach einer gewissen Zeit bei 4 kW die Überlast-LED zu blinken.


    Habe ich da irgendwo einen Denkfehler?

    Danke im Voraus für Eure

    Meinungen

    und

    viele Grüße

    Karli. :)

  • Hallo karokaffee

    das ist eine sehr gute Frage, also ab zu Victron auf die Website.
    Mein erster Verdacht; Das Ding ist vlt. nicht trafolos, aber sowas sollte es in der Dimension heutzutage sicher nicht mehr geben. Also ein Blick ins Datenblatt und siehe da, unter Fußnote 3 steht :
    "3) Nichtlineare Last, Spitzenfaktor 3:1"
    https://www.victronenergy.de/u…I-inverter-charger-DE.pdf
    Reicht Dir das?

    LG
    Akapuma

    Praxis ist, wenn alles funktioniert und keiner weiß warum. ;)

  • Ehrlich gesagt verstehe ich es immer noch nicht. Bin gerade nach nichtlineare Last am googeln und versuche zu verstehen, warum diese einen Unterschied zwischen VA und W bewirken können.

  • Weil die Nichtlinearen (z.B. Oberwellen von Zerhackern, Ab- und Anscheidern jeglicher Art) natürlich auch "Scheinleister" sein können. So erkläre ich mir das.
    Würde auch zum Max.vs Mittelwert (Crest Factor) von 3:1 passen.
    Natürlich erklärt das nicht, warum dann bei 4kW bei Dir die Überlastlampe an geht. (vlt. ist Pmax zeitlich begrenzt oder fällt unter ein Derating (z.B bei Temperaturanstieg o.ä.)

    "Kürzestzeitige Überlastfähigkeit" für diese Kandidaten trifft's vlt besser als VA, aber damit sollte das zusammenhängen. Für 100%tige Korrektheit bleibt sicher nur eine Mail an Victron(?)

    Praxis ist, wenn alles funktioniert und keiner weiß warum. ;)

  • Ja verstehe. Habe nicht daran gedacht, dass Phasenanschnittsschaltungen und Zerhacker Oberwellen erzeugen, die wegen den höheren Frequenzen, als die Grundfrequenz andere Phasenverschiebungen bewirken. Aber dafür übertragen die Oberwellen normalerweise eine wesentlich geringere Leistung als die Hauptfrequenz.


    Ich hatte vor dem 5000er einen 3000er Multiplus. Wenn der längere Zeit im Sommer seine knapp 2400 Watt hatte, ging die Übertemperatur-LED an. Aber bei 2500 Watt war gefühlt nach etwa 10 Sekunden also lange bevor etwas warm werden konnte, schon die Überlast-LED an, bei rein ohmschen Lasten.

  • Ja, so denke ich mir das, aber auch meine Assoziation zu VA wäre hier zunächst eine andere gewesen. Ist schon irgendwie leicht irreführend, finde ich. Von daher eine sehr gute Frage. :)

    Zur Überlast kann ich hier natürlich nur mutmaßen, aber eine Erwärmung kann bei vielen modernen Leistungshableitern im Bauteil selbst bzw. in direkter Umgebung (z.B. auf dessen Gehäuse) gemessen werden. Da ist es natürlich schon warm, wenn sich am Kühlblech noch fast gar nichts tut. ...oder es sind "China-Watt", aber auch das möchte ich mangels Erfahrung mit diesen Geräten hier nicht unterstellen.

    Praxis ist, wenn alles funktioniert und keiner weiß warum. ;)

  • Ich glaube, daß Deine Fragestellung Dich hier etwas in die Irre führt.


    Der Victron ist ein Insel-Wr.


    Normale Inseln haben keinen CosPhi von 1 sondern immer (mitunter deutlich) weniger.


    Die meisten Verbraucher weisen aber nur die Wirkleistung aus, da ein Kunde eines öffentlichen Stromversorgers nur für selbige zahlen müssen. Und die rechnet ein Insel-Bewohner normalerweise nur überschlagsmäßig zusammen und erwartet, daß die Geräte anschließend an seiner Insel laufen. Folglich muss der Insel-Wr immer zusätzlich noch Blindleistung liefern können.


    CosPhi von 0 ist übrigens reine Blindleistung.


    Zudem unterschlägst Du, dass MosFets nicht nur Durchleitungsverluste haben sondern auch Schaltverluste.


    Ciao


    Retrerni

  • Die meisten Verbraucher weisen aber nur die Wirkleistung aus, da ein Kunde eines öffentlichen Stromversorgers nur für selbige zahlen müssen. Und die rechnet ein Insel-Bewohner normalerweise nur überschlagsmäßig zusammen und erwartet, daß die Geräte anschließend an seiner Insel laufen. Folglich muss der Insel-Wr immer zusätzlich noch Blindleistung liefern können.


    CosPhi von 0 ist übrigens reine Blindleistung.


    Zudem unterschlägst Du, dass MosFets nicht nur Durchleitungsverluste haben sondern auch Schaltverluste.

    Ja das stimmt, aber meine Verbraucher sind ja auch fast reine "Wirkleistungsverbraucher" Das cos von 0 = 90° Phasenverschiebung und damit reine Blindleistung ist, ist klar.


    Ändert die Tatsache, dass MosFets Schaltungsverluste haben, etwas an meiner Frage? Schaltleistungsverluste sind doch auch rein ohmsch oder ? Das sind ja nur die Phasen, in denen Mosfets von "hochohmig" nach "voll durchgeschaltet" und umgekehrt umschalten.

  • Wechselrichterhersteller geben nicht umsonst den Wirkungsgrad bei CosPhi von 1 an. Denn nur dort ist der Wirkungsgrad maximal. Es spielt dabei das veränderte PWM Schema auch eine wichtige Rolle sowie das Spannungs- und Stromverhältnis zwischen Ein- und Ausgang. Damit sind sie nicht "rein ohmsch", da sich auch die (parasitären) Kapazitäten über der Spannung ändern.


    Ciao


    Retrerni

  • Zitat von Retrerni

    Es spielt dabei das veränderte PWM Schema auch eine wichtige Rolle sowie das Spannungs- und Stromverhältnis zwischen Ein- und Ausgang.

    Hm. Was meinst du mit Spannungs- und Stromverhältnis am Ein- und Ausgang? Meinst du, dass 48V Gleichstrom am Eingang den 230V Wechselstrom an Ausgang und sagen wir 50A am Eingang und 10A am Ausgang?