Betriebsausgaben nicht anerkannt wegen Nichtinbetriebnahme

  • Hallo zusammen,
    nachdem ich nun etliche Stunden vergebens versucht habe in den bisherigen Beiträgen einen ähnlichen Fall zu finden gebe ich nun auf und stelle euch mein Problem kurz dar und hoffe sehr auf eure Rückmeldung. Falls ich was übersehen habe wäre ich auch für einen entsprechenden Link sehr dankbar!


    Zum Thema:
    Meine Frau und ich (zusammenveranlagt) haben letztes Jahr begonne ein Haus zu bauen. Im Zuge der Dachdeckerarbeiten und wegen des Baugerüstes haben wir im Oktober 17 bereits das PV-Gestell gekauft und (mit Hilfe des Dachdeckers) montiert und dann im Dezember die Module und den Wechselrichter. Wegen Lieferverzögerungen kam dann im Februar 18 noch der Speicher hinzu. Wir bauen mit KfW40+, müssen also PV incl. Speicher umsetzen. Aufgrund des sehr nassen Winters wurde der Hausanschluss erst im Mai 18 gelegt und das EVU lies sich bis September(!) 18 Zeit auch die Zähler zu setzten. (Anmeldung und Inbetriebnahme durch meinen Elektriker) Somit ging die Gesamtanlage das erste mal am 18.9.18 zu Testzwecken ans Netz (dies ist auch das im Inbetriebnahmeprotokoll vermekte Datum). Bei der Freischaltung durch den EVU (also Einspeisebeginn) ging es dann aber sehr schnell (ca. 2 Wochen).


    <ironie> Ich bin nur froh, dass wir so einen bescheidenen Sommer hatten und ich nicht allzuviel "verpasst" habe </ironie> :evil:


    "Gewerbe" wurde dem Finanzamt 2018 angezeigt und direkt nach Mittteilung der neuen Steuernumer wurden alle USt.-VA nachgereicht und auch erstattet. Ebenfalls wurde Die USt.-Erklärung / Gewinnermittlung für 2017 abgegeben, keine Einwände des FA.
    Hierin wurden für 2017 als Betriebsausgaben geltend gemacht:
    Material-/Wareneinkauf 180,34€
    Abschreibung unbew. WG 84,69€
    Vorsteuer 1795,28€


    Summe 2060,31€


    Betriebseinnahmen 0€


    Dies habe ich so auch in der Einkommensteuererklärung angegeben. Da das FA auch noch ein paar andere Sachen in Bezug zur ESt. klären wollte hatte ich telefonischen Kontakt mit meiner Sachbearbeiterin und sie teilte mir nebenbei mit, dass die Betriebsausgaben nicht anerkannt werden würden, da die Anlage noch nicht in Betrieb genommen sei.
    Im Bescheid liest sich das dann wie folgt:

    Zitat

    Wie Ihnen telefonisch mitgeteilt wurde, sind keine Einkünfte aus dem Betrieb der PV-Anlage erzielt worden, da diese aufgrund der Nichtinbetriebnahme nicht funktionsfähig ist.


    Ende FA.


    Die erstattete USt. 2018 darf ich dann aber brav als Einnahme versteuern... :evil:


    Ich bin jetzt erstmal ziemlich ratlos.
    Hat das FA Recht? Kann ich mir irgendwie nicht vorstellen, da ja fast jedes Unternehmen, sei es "Startup" oder BER-Betreibergesellschaft zunächst mal nur Ausgaben hat, bevor es Einnahmen erzielen kann.
    Wenn dies so richtig ist, kann ich die Betriebsausgaben dann nach 2018 ziehen?
    Für die AFA kann ich mir das ja noch gut vorstellen, also ab Inbetriebnahme etc. Aber für die UST?
    Ist das Geld (für mich) einfach verbrannt? Oder verstehe ich hier irgendetwas grundsätzlich falsch / habe selbst etwas falsch gemacht?


    Sollte der Bescheid so nicht korrekt sein, Einspruch einlegen? Steuerberater/-anwalt?


    Vielen Dank schonmal und noch einen sonnigen Samstag!


    Nolle

  • Kannst du nochmal kurz erläutern welche Betrag du gerne vom Finanzamt hättest? Du hast doch die vorsteuer erstattet bekommen. Wurden deine Einkommensteuer nicht gemindert?

  • Zitat von Nolle


    Die erstattete USt. 2018 darf ich dann aber brav als Einnahme versteuern... :evil:


    das ist richtig. Du darfst aber nicht vergessen die bezahlte Umsatzsteuer als Ausgabe zu buchen.

    Komplizierte Vorgänge immer dem faulsten Mitarbeiter geben. Er wird die einfachste Lösung finden!

  • @ E-Energy
    Ich hätte eigentlich gerne die negativen Einkünfte aus 2017 in meiner ESt als Ausgaben anerkannt. Diese wurden aber komplett gestrichen (Also die kompletten 2060,31€). ESt also nicht gemindert.
    @ machtnix
    Die beszahlte USt. habe ich ja 2017 gebucht aber nicht anerkannt bekommen. Darf ich sie also 2018 (obwohl Rechnung und Geldfluss in 2017) buchen?

  • Zitat von Nolle

    "Gewerbe" wurde dem Finanzamt 2018 angezeigt


    Ist das vielleicht das Problem? Demnach konntest du 2017 ja noch kein Ausgaben für das "Gewerbe" haben, das gab es da ja noch garnicht.

    9,99kWp 110°; 20°DN; 37x 270W Trina Honey PD05 an SMA STP 8000TL-20, HM 2.0 und SAE,

    Nibe F1155-6 mit RGK im sanierten Altbau von 1909

  • Wurde in Absprache mit FA "rückwirkend" zum 1.10.17 gemacht. USt nachträglich zziehen ging ja auch.
    Und die Begründung des FA ist ja, weil die Anlage in 2017 noch nicht betriebsbereit war...

  • Zitat von Nolle

    Im Bescheid liest sich das dann wie folgt:


    Das hört sich sich zunächst höchst logisch an, hat aber mit deinem Problem eher wenig zu tun.


    Zitat von Nolle

    Hierin wurden für 2017 als Betriebsausgaben geltend gemacht:
    Material-/Wareneinkauf 180,34€
    Abschreibung unbew. WG 84,69€
    Vorsteuer 1795,28€


    Summe 2060,31€


    Betriebseinnahmen 0€


    Das, was du dort oben beschrieben hast, sind - abgesehen von der Vorsteuer - keine Betriebsausgaben sondern Anschaffungs- und Herstellungskosten (AHK). Diese Kosten werden ab dem Inbetriebsetzungszeitpunkt linear abgeschrieben (AFA) und da die PV-Anlage in 2017 noch nicht festiggestellt war, kannst du auch die AFA noch nicht ansetzen.


    M.E. müsste aber die in 2017 gezahlte Umsatzsteuer als Betriebsausgabe und die in 2017 zurückerhaltene Vorsteuer als Betriebseinnahme zu berücksichtigen sein.

    Viele Grüße

    Bento


    Auch an Tagen, an denen der Himmel grau ist, ist die Sonne nie ganz verschwunden.
    (Arnaud Desjardins)


  • Das Vorgehen der FA ist fehlerhaft. Eine Betriebsgründung setzt keine Einnahmen voraus, im Gegenteil, es wäre ja gerade zu erwarten, daß es erst Ausgaben und später dann Einnahmen gibt... richtig ist dagegen die Abschreibung auszusetzen, denn die 20 Jahre beginnen erst mit der Inbetriebnahme.


    Übel wird es mit der Vorsteuer, denn so wie ich es verstanden habe wurde diese erst in 2018 erstattet. Es wäre dann also so, daß die Erstattung in 2018 als Einnahme zu versteuern wäre, die Ausgabe in 2017 aber nicht anerkannt wird.


    Also Widerspruch einlegen.


    Gruß

  • Ich fürchte... hier hat Not gegen Elend gespielt.


    Zutreffend ist, dass für das Jahr 2018 Einkunftserzielungsabsicht vorlag - somit der steuerliche Gewinn zu ermitteln ist (und ein steuerlicher Verlust ermittelt werden darf).


    Richtig ist allerdings auch, dass der Sachverhalt nichts hergibt, was hier an "Material/Wareneinkauf" angefallen sein soll; vielmehr liegt doch zumindest der Verdacht eines Vorredners nahe, dass es sich hier um AHK handelt.


    Bei der Abschreibung muss geschaut werden, ob es sich um ein angeschafftes oder hergestelltes Wirtschaftsgut handelt.
    Das könnte hier in dem Fall tatsächlich etwas tricky sein.
    Dazu müsste man genauere Informationen, vermutlich Akteneinblick haben, wer hier genau was geschuldet hat.
    Im Sachverhalt lese ich Satzteile die sowohl für das eine als auch das andere sprechen.
    Wie auch immer: Bei einem hergestellten Wirtschaftsgut liegt der Beginn der Abschreibung im Zeitpunkt der Fertigstellung (bezogen auf den bestimmungsgemäßen Gebrauchs).
    Es ist wie verhext... hier gehts betragsmäßig um nichts - aber es geht das nächste hässliche Detailproblem auf: Was zum Teufel ist hier "bestimmungsgemäß"? Muss der Speicher schon dabei sein? Der gehört ja ertragsteuerlich gar nicht zum Unternehmen. Auf jeden Fall kommt es nicht darauf an, ob die Anlage tatsächlich genutzt wurde.
    Bei einem angeschafften Wirtschaftsgut käme es darauf an, wann das wirtschaftliche Eigentum übergegangen ist.
    Die Antwort ist leicht: Im Abnahmezeitpunkt
    Ich würde was drauf wetten - aber selbst wenn man hier tief in die Akte schaut, wird man vermutlich hinterher rätseln, wann die Anlage abgenommen wurde; oder ob ggf. eine der fiktiven Abnahmeformen in Form einer Teilabnahme greift.
    (Das einzig schöne: Das bekommt man noch mit dem Solarteur klargestellt).


    Der Sachbearbeiter hat an der Stelle eine ebenso falsche wie absolut nachvollziehbare Strategie eingeschlagen: Er hat sich das Leben erstmal leicht gemacht - und Dir das so um die Ohren gehauen. "Versucht macht kluch" - ist durchaus auch eine Strategie des FA.


    Nun ist der AfA-Zeitpunkt angesichts des absoluten Betrages auch nicht von so dramatischer Bedeutung. DA würde man sich sicherlich einigen können. Den Sachverhalt objektiv korrekt ermitteln... mich dünkt... da wird der Bändel teurer als der Sack.


    Problematisch ist allerdings die Vorsteuer. Es hilft nun alles nix: Die ist Betriebsausgabe in 2017.
    Und - nachdem sich der Sachbearbeiter so eindeutig geäussert hat - hilft hier auch nur eines: Einspruch einlegen -und die Rechtsbehelfsstelle entscheiden lassen.

    16,92 kWp / 72 x Sharp NU-235 / Aurora Power One 12,5 + 3,0/ 0° Südabweichung / 8° Dachneigung

  • Super. Vielen Dank für die Einschätzung der Sachlage.
    Dann mach ich mich mal an den Einspruch...