Moin zusammen,
als ich hier vor einiger Zeit von unserer Entscheidung berichtete, unsere PV-Anlage zu mieten, waren einige Forumsmitglieder dezent gesagt aus wirtschaftlicher Sicht entsetzt über unser Vorhaben. Einige haben aber auch Interesse am Ablauf eines solchen Modells gezeigt. Daher hier nun der Bericht über die Pachtanlage von Naturstrom.
Da die meisten hier die PV als Renditeobjekt ansehen, kam ich mit meiner Entscheidung zur Pacht verständlicherweise recht schlecht weg. Daher gleich vorab: Liebe Kinder, macht das nicht nach, man kann mit PV wesentlich wirtschaftlicher agieren. Aber darüber werdet ihr hier an jeder erdenklichen Ecke hingewiesen. Also sehe ich mich nicht als Gefahr für den unbedarften Interessenten. Und auch im Bekanntenkreis erkläre ich immer, dass wir das nicht wirtschaftlichst sinnvoll machen.
Allerdings konnte ich auch erst im Nachhinein diese heftigen Reaktionen hier verstehen, als ich die Beiträge über die MEP-Werke oder Hahn-Solar gelesen hatte. Ich würde aber mal sagen, dass man das nicht mit dem Modell eines seit 20 Jahren am Markt etablierten und rein auf regenerative Energien ausgerichteten Stromlieferanten vergleichen kann. Unsere Monteure haben einige MEP-Anlagen aufgebaut, von denen sie einige auch schon wieder abgebaut haben, weil die Kunden keinen Kontakt mehr zu MEP bekommen haben.
Uns wurde von Naturstrom übrigens auch geraten, auf den Speicher noch zu verzichten. Ich will das aber so haben, genauso wie ich das Pachtmodell haben will. Also machen wir das so. Außerdem kostet die Anlage ohne Speicher 121 Euro pro Monat, mit dem Resu 10H 181 Euro im Monat. Ich habe für beides Angebote vorliegen. Somit ist der Speicher als Pachtmodell eigentlich recht günstig, fast schon ein Schnäppchen im Vergleich zur PV.
Hier die reinen Daten:
8,64 kWp
9,3 kWh
32 Module IBC Polysol 270 gx5
WR SMA Sunny Boy 7000 TL20
WR SMA Sunny Boy Storage 2,5
SMA Home Manager 2.0
LG Chem Resu 10H
String 1: 4,59 kWp 5-15° DN -65° Ausrichtung
String 2: 4,05 kWp 5-15° DN 115° Ausrichtung
Die Module sind 10 ° aufgeständert, das Dach ist nach Ost/Süd/West 5 ° geneigt.
Strombedarf ca. 3500 kWh + Mobilität zukünftig: 15 kWh / 100km (7500km/a): 1125 kWh
Strompreis Naturstrom: 8,95€ monatl. + 27,75ct / kWh – 540 kWh Aufkleberprämie E-Auto (150 Euro) per anno.
Pacht: 181,12 € monatl. für 18 Jahre. Danach Übernahme der Anlage zum symbolischen Betrag von einem Euro.
Ich bin im Februar über einen Bericht in der Kundenzeitschrift von Naturstrom auf das Pachtmodell aufmerksam geworden. Also habe ich mir das auf deren Homepage mal durchgerechnet. Und das Ergebnis fanden wir nicht unbedingt abschreckend. Bei der von uns gewählten Anlage bin ich bei Anschaffung über einen KfW-Kredit auf Komplettkosten über 18 Jahre von rund 30.000 Euro netto gekommen, wenn man mal die Gesamtrechnung inkl. Steuern, Zinsen, Betriebs- und Wartungskosten und ggfs. Gerätetausch aufmacht. Rechner auf seriösen Seiten im Internet unterstreichen diese Schätzung. Wir zahlen also für das Pachtmodell rund ein Drittel drauf.
Ich habe PV dabei mehr als fortschrittliche Technik denn als Renditeobjekt gesehen. Wir haben uns daher also unverbindlich angemeldet und sollten dazu einige Angaben über unseren Verbrauch und Fotos vom Dach und unserem Zählerschrank einsenden.
Zwei Tage später kam die Nachricht, dass unsere Haus geeignet ist, wir aber einen neuen Zählerschrank für Summe X benötigen, der allerdings nicht über den Pachtvertrag laufen kann. Nun gut, dann ist das halt so.
Außerdem gab es eine nicht übertriebene Ertragsprognose über 20 Jahre. PVGIS prognostiziert mir 7310 kWh (846 kWh/kWp) Ertrag pro Jahr. Naturstrom war mit 6500 kWh (752 kWh/kWp) etwas pessimistischer. Ich denke, durch die Verschattung werde ich irgendwo in der Mitte landen.
Nachdem mir noch einige technische und organisatorische Fragen teils telefonisch, teils schriftlich beantwortet wurden und mir die zu verbauenden Komponenten mitgeteilt wurden, haben wir am 30. März den Pachtvertrag bei Naturstrom in der Hoffnung unterschrieben, dass wir uns um nichts mehr kümmern müssen.
Nun gut, ganz so einfach ist es nicht gelaufen. Es war zeitweise ein wildes Hin und Her zwischen mir, der ausführenden Firma und dem Lieferanten der Anlage. Problem ist, dass Naturstrom einen Vertrag mit IBC zur Lieferung und Planung der Anlage hat und der Solateur nur ausführende Stelle ist und somit nicht in die Planung eingreifen darf. Das ist nicht schön. Denn IBC hat teilweise totalen Müll geplant, was mir auch von den Monteuren bestätigt wurde. Die haben da schon so einiges erlebt. Erst, nachdem ich ein wenig deutlicher geworden war, dass unter diesen Umständen gar nichts auf unser Dach gebaut wird, erhielt ich plötzlich einen Anruf vom Planer bei IBC.
Zwischenzeitlich habe ich persönlich nochmal das ganze Dach vermessen und die Störobjekte aufgenommen. Außerdem habe ich eigene Pläne erstellt, auf deren Grundlage wir uns dann schließlich geeinigt haben.
Ich werde dazu eine Beschwerde an Naturstrom schreiben mit der Bitte um Stellungnahme und Regulierung meiner Aufwände.
Ich habe gehört, dass das z.B. bei DZ4, einem Verpächter aus Hamburg, anders ist. Dort wird die Anlage individuell geplant und nicht auf Komplettpakete zurückgegriffen.
Mit der Montage war ich bis auf ein paar Lieferschwierigkeiten seitens IBC sehr zufrieden. Ich denke, die Fotos zeigen, dass hier gute Arbeit geleistet wurde. Außerdem kamen die Handwerker alle aus der Region, für uns auch sehr wichtig.
Zur Anlage selbst wurden mir ja schon die „ollsten Module“ angeprangert. Nun gut, ich habe wenig Einfluss darauf, dass Rudis Resterampe dafür geplündert wird. Ich denke mal, die selbe Leistung mit 300er Modulen wird nicht günstiger sein. Einzig könnte ich 1 kW mehr auf das Dach packen. Auch der Speicher dürfte ein wenig zu groß für die Anlage sein. Aber damit lebe ich und wir werden sehen, wie wir damit im Alltag umgehen. Schlecht sind die Komponenten sicherlich alle nicht, dessen konnte ich mich hier in zahlreichen Beiträgen schon vergewissern. Auch die Dimensionierung des WR scheint zu passen.
Unser Dach ist ziemlich schwierig für PV. Das fängt bei der Statik an. Erfreulicherweise haben wir eine Traglastreserve von 0,54 kN/m², da das Haus ursprünglich mit einer Neigung von 11° und Belegung mit Flachdachpfannen geplant war. Da es nun nur 5° und Bitumen geworden ist, haben wir die notwendige Reserve, die aber nicht über die Gebühr strapaziert werden soll. Daher ist die Anlage so ausgelegt, dass die schwersten Ballastierungen auf oder nahe den Außenmauern lasten.
Dazu kommen zahlreiche lustig verteilte Verschattungselemente, wie zwei Kaminschornsteine, drei größere Entlüftungen und im Süden zwei ausgeprägte Bäume von 10-12 m Höhe und im Osten ein noch kleinerer Baum (der wird mit den Nachbarn im kommenden Frühjahr besprochen). Nachdem ich auf dem Thema Verschattung lange genug herumgeritten war, wurden mir Tigos für die problematischen Module zugesagt. Leider habe ich auch mit intensiver Recherche im Internet nicht wirklich verwertbares über die Auswirkungen von Schatten in einem String finden können.
Das Thema Finanzamt muss ich noch klären. Uns fehlt ja die teure Erstinvestition, die für eine Umsatzsteuerpflicht für die ersten fünf Jahre sprechen würde. Auf der anderen Seite zahlen wir monatlich 35 Euro Umsatzsteuer auf die Pacht. Ich spiele trotzdem mit dem Gedanken, die Kleinunternehmerregelung von Anfang an zu wählen und somit steuerlich neutral zu bleiben. Somit spare ich die Steuer auf Eigenentnahme und die auf Einspeisung gegenüber einem Kaufmodell. Hier ist das beschrieben: https://www.pv-magazine.de/201…finanzamt-eine-anleitung/
Ich könnte mir vorstellen, die Anlage um weitere 8 Module zu erweitern. So kämen wir dann auf 10,8 kWp. Im Pachtvertrag steht nichts, dass das nicht erlaubt wäre.
Jetzt schaue ich mir erst mal unsere Erträge an. Im Frühjahr denke ich dann nochmal über die Brauchwasser-Wärmepumpe nach und nach einem Jahr über die Erweiterung der Anlage.
Zusammen mit dem neuen Zählerkasten wurde uns auch eine 16 A Kombidose CEE rot und Schuko installiert. So kann ich das E-Auto je nach Bedarf von 2,3 bis 11 kW laden. Bei schönem Wetter steht es eh immer in der Einfahrt herum, weil wir dann die Fahrräder nehmen.
Ich hoffe, ich konnte ausführlich über unser Pachtmodell und meine Überlegungen berichten und vielleicht sind für den ein oder anderen ja auch interessante Informationen enthalten.