Über den sicherheitstechnisch unbedenklichen und normgerechten (bitte unterscheiden...) Anschluss von Mini-PV-Anlagen, Plug-In-Solaranlagen, Balkonkraftwerken etc. ist in der Vergangenheit ja viel und kontrovers diskutiert und (auch hier) geschrieben worden.
Teil dieses Prozesses waren Neufassungen von relevanten Normen, die in den vergangenen Monaten in den Gremien des VDE stattfanden und Lobbygruppen (Elektrohandwerk, Versicherungswirtschaft, Komponentenhersteller, Netzbetreiber) und freien Interessen- und Umweltverbänden, sowie wissenschaftlichen Instituten (PV-Plug-Gruppe; Greenpeace; Fraunhofergesellschaft) begleitet wurden.
Dabei wurden vor allem in zwei Gremien neue, das Thema betreffende, Normen aktualisiert, bzw. erstellt:
- DIN VDE 0100-551-1
Hier wird ganz grundsätzlich der Anschluss von Erzeuger an das Hausnetz geregelt. Die erste Fassung dieser Norm ist wahrscheinlich schon hundert Jahre alt...
- DIN VDE V 0628-1 / -2
Dies ist eine neu erstellte Norm, die eine Steckvorrichtung für Energieerzeuger definiert. Darin wird eine (werkzeuglösbare) Steckvorrichtung beschrieben, über die eine Erzeugungsanlage (EZA) an das Hausnetz angeschlossen werden kann. Die Verbindung kann (und darf) von einem Laien gehandhabt werden.
Technisch entspricht die bereits auf dem Markt befindliche „WIELAND-Steckdose“ den Anforderungen. Die Fa. WIELAND electric hat die Konstruktionsunterlagen frei gegeben, sodass in Kürze hier auch Modelle von Wettbewerbern auf den Markt kommen werden.
- weiterhin wird neu eine Produktnorm für komplette Steckdosen-Solaranlagen erstellt, deren Erstellung jedoch noch ca. 18 Monate dauern wird.
Eine Produktnorm umfasst ein komplettes Anlagensystem (nicht nur Einzelkomponente) und berücksichtigt den Anwendungszweck. Sie kann jedoch nicht eine grundlegende Norm, wie z.B. die VDE-100 „aushebeln“.
Der bisherige Status, wie eine Erzeugungsanlage an das Hausnetz anzuschliessen ist, ist (vereinfacht und in Kurzform):
1. Es müssen Komponenten (Wechselrichter, Leitungen, Sicherungselemente) verwendet werden, die in Deutschland zertifiziert sind. Insbesondere ist hier die VDE-AR-4105 zu erwähnen, wobei immer darauf zu achten ist, ob das Gerät für sich alleine, oder etwa nur zusammen mit einer externen Schutzeinrichtung diese Vorschrift erfüllt.
2. Die Einspeisung hat auf der Versorgungsseite aller Schutzeinrichtungen zu erfolgen. In Praxis hieß das, die EZA muss über eine eigene Einspeiseleitung und eine Leitungssicherung (LS) an das Hausnetz angebunden werden. D.h. an dieser Leitung dürfen keine anderen Verbraucher oder z.B. Steckdosen hängen. Dies schliesst z.B. aus, dass die Einspeisung einer Steckersolar-Anlage in eine herkömmliche Steckdose des Hausnetzes erfolgt.
3. Der Anschluss muss fest, also keine (ohne Werkzeug) lösbare Verbindung, erfolgen, insbesondere ist die Verbindung der EZA mit der Einspeiseleitung über eine übliche Schuko-Steckdose nicht erlaubt.
4. Der Anschluss muss von einer Elektrofachkraft durchgeführt werden.
Anfang der vergangenen Woche wurde nun eine Neufassung der grundlegenden DIN VDE 0100-551 (VDE 0100-551):2017-02, 551.7.1 beschlossen, in der zahlreiche Einsprüche eingeflossen sind.
Die grosse, und bedeutende Änderung zu dem oben aufgeführten Status Quo ist:
- künftig darf auch (unter bestimmten Voraussetzungen, siehe unten) auf der Lastseite in Endstromkreise eingespeist werden!
D.h., es können vorhandene Stromkreise zur Einspeisung herangezogen werden, wenn sichergestellt wird, dass keine Überlastung auftreten kann (Ausreichende Strombelastbarkeit der Leiter, ausreichende Schutzvorrichtung im Stromkreis). Diese Sicherheit sollte von einer Elektrofachkraft geprüft werden.
- Der Anschluss der EZA an den Endstromkreis muss über einen Festanschluss, oder über eine spezielle Energiesteckvorrichtung (wie in der oben genannten Norm beschrieben) erfolgen. Es darf maximal eine EZA angeschlossen werden.
- der Stromkreis muss über einen FI-Schalter (RCD) verfügen, der alle aktiven Leiter (also zweipolig: L und N) umfasst.
- Außen- und Neutralleiter (L und N) dürfen hinter der Schutzeinrichtung nicht mit Erde verbunden sein
Die Anmeldung der Anlage ist nicht Gegenstand der neugefassten Norm und hat wie bisher nach den Vorgaben der Netzbetreiber zu erfolgen (wobei es über die Gültigkeit dieser Forderungen durchaus noch juristische Diskussionen gibt).
Ganz wichtig ist auch, dass diese Neufassung nicht an eine Leistungs-Obergrenze (wie z.B. 600 W DC) gebunden ist. D.h., entsprechende Absicherung vorausgesetzt, darf auch eine kleine PV-Anlage mit 1 – 3 kWp auf die beschriebene Art und Weise an das Hausnetz angeschlossen werden. Es ist auch völlig unerheblich, ob die Anlage nach EEG betrieben wird oder nicht.
Nach wie vor muss der Anschluss der EZA durch eine Elektrofachkraft erfolgen. Aber das gilt ja für jede beliebige Komponente des Hausnetzes....
Wie kann nun eine Überlastung des Stromkreises in den eingespeist wird verhindert werden?
Am einfachsten geht dies, indem die Leitungssicherung (LS) so reduziert wird, dass die Summe aus dem Bemessungswert der Sicherung und dem maximal möglichen Einspeisestrom unterhalb der für diese Leitung möglichen Stromstärke ( in Deutschland meist 16 A) liegt.
Beispiel:
Bisher war der Endstromkreis in den eingespreist wird mit einer 16 A Sicherung abgesichert. Es soll der Strom einer Mini-PV-Anlage mit 2 Modulen (also ca. 550 Wp DC die dann max. 520 W AC erzeugen) in diesen Stromkreis eingespeist werden.
550 W AC entspricht einer Stromstärke von max. 2,4 A AC.
Wird nun die Leitungssicherung im Einspeisestromkreis von 16 A auf (16 A – 2,4 A) also (mit etwas Sicherheit) auf 13 A (oder kleiner) reduziert, dann kann auch theoretisch keine Überlastung des Stromkreises auftreten.
Interessant ist auch, dass über eine automatisierte Schutzeinrichtung, die sicherstellt, dass keine Überlastung des Stromkreises auftreten kann, eine Einspeisung erlaubt ist. Damit könnte z.B. durch eine automatisierte Abregelung des Wechselrichters, die auch den Strombedarf der anderen Verbraucher dieser Leitung erfasst, eine variable Einspeisung mit maximaler Kapazität der Leitung erfolgen.
Alles in Allem wurde zwar mit dieser Regelung nicht eine derart einfache Regelung für den Anschluss von Mini-PV-Anlagen an das Hausnetz gefunden, wie sie in unseren Nachbarländern gilt, doch kann nun künftig mit relativ wenig Aufwand (Änderung Leitungssicherung; Energiesteckdose) eine Mini-PV-Anlage rechtssicher an das Hausnetz angeschlossen und betrieben werden. Dadurch werden künftig auch viele Bürger Deutschlands von der preiswerten, umweltfreundlichen Stromerzeugung mit Solarstrom profitieren, die bisher dazu nicht in der Lage waren, die sie aber gleichwohl über hohe Strompreise mitfinianziert haben.