Im aktuellen Physik Journal (August/September 2016) ist ein interessanter Artikel von Christoph Buchal abgedruckt, in dem er über Kommunikationsprobleme berichtet, die ihm bei Veranstaltungen zur Energiewende aufgefallen sind:
"Vortragende stehen bei den Themen Energieversorgung und Klimawandel angesichts der Komplexität und innerer Widersprüche vor großen Herausforderungen. Im Folgenden möchte ich einige persönliche Erfahrungen aus öffentlichen Veranstaltungen zu diesem Themenbereich wie auch aus der Vorlesungsreihe im Studium Universale an der Universität zu Köln vorstellen."
Den Anfang des Artikels gibt es hier: http://www.pro-physik.de/detai…_bei_heisser_Debatte.html. Vollständig und kostenlos hab ich den im Netz leider nicht finden können.
In dem Artikel stellt er eine Reihe anschaulicher Beispiele und Herausforderungen dar, um den derzeitigen Stand der weltweiten Energieversorung zu verdeutlichen. In seinen Vorträgen versuche er "sachgerechte Informationen mit einer optimistischen Grundhaltung zu verbinden", um so kreative Kräfte zur Bewältigung zukünftiger Aufgaben freizusetzen. Durch seine Erläuterungen "können im Publikum Frust und Skepsis anwachsen. Viele Zuhörer äußern sich aber auch ausdrücklich dankbar, dass ich sie ehrlich informiere."
Einige Auszüge möchte ich hiermit zur Diskussion stellen:
- Zur Verdeutlichung des aktuellen Stands der Energiewende stellt er die Publikumsfrage "wann wohl das Jahr mit der weltweit höchsten Kohleförderung gewesen sei." (korrekte Antwort: das Vorjahr) Die Energiewende sei somit eine Jahrhundertaufgabe.
- Es sind 2000 WEA (onshore, 5 MW, 20% Jahresvolllast) nötig, um die Jahresenergieproduktion eines 2 GW Kohle- / Atomkraft zu erhalten. Hinzu komme der Flächenbedarf von "einigen Quadratkilometern pro Anlage".
- Zu Biokraftstoffen rechnet er vor: Der Menschliche Körper verbraucht ca. 100W zum Leben, diese Energie beziehen wie aus Lebensmitteln. Zusätzlich verbraucht jeder Deutsche ca. "5kW Primärenergie (für Wärme, Strom, Treibstoffe etc.)", was 50 mal mehr ist, als unser eigener Körper verbraucht. "Dies zeigt, wie begrenzt das energetische Potential ist, wenn aus dem Lebensmittelsektor Energieträger im nennenswerten Umfang abgezweigt werden sollen für Treibstoffe, Stromerzeugung oder Wärmebedarf." Hinzu komme die ohnehin steigende Nachfrage nach Lebensmitteln aufgrund der wachsenden Bevölkerung und vermehrtem Fleischkonsum, dies führe schon heute zu großflächigen Urwaldrodungen.
- Die Photovoltaik biete für die rund eine Milliarde Menschen ohne Stromnetzanschluss "die realistische Möglichkeit, den individuell erzeugten Strom für einfache Anwendungen zu nutzen". Er hält es daher für gerechtfertigt die in Deutschland durchgeführte Entwicklung der PV "als eine erfolgreiche globale Entwicklungshilfe darzustellen".
- Anhand der Entwicklung der PV in den letzten Jahrzehnten wagt er einen "optimistischen physikalischen und geopolitischen Ausblick, denn zusammen mit Elektrolyse und chemischer Technologie ermöglicht sie gegenwärtig die beste technische Annäherung an die Photosynthese, die mit Hilfe von Sonnenlicht (...) speicherbare Energieträger produziert." Am Äquator könnte diese Technologie "ein wichtiger Beitrag zur Lösung der Energiefrage (...) sein".
- Ein konventionelles Stromversorgungssystem könne nur 1/3 fluktuierende Erzeuger (bezogen auf die Jahresenergiemenge) aufnehmen, darüber hinaus stiegen die Anforderungen an alle Komponenten rapide an. (...) Im Mobilitätsbereich komme die Energiewende aufgrund der Vorteile von Kerosin, Diesel, Benzin nicht voran, da diese vergleichsweise leicht und günstig seien. Hier sieht er Wasserstoff als Zukunftstechnologie, vor allem wenn dieser aus überschüssigem erneuerbarem Strom erzeugt werde.
- Der Artikel schließt mit seinem persönlichen Mantra, "dass er vor allem der Weiterentwicklung bezahlbarer und attraktiver Vorbilder für emmissionsarme Technologien bedarf. (...) Nur realistische und nicht allzu kostenspielige Vorbilder haben eine Chance, weltweit akzeptiert und damit effektiv wirksam zu werden."