Hallo,
hier ist ja viel Wahres und auch viel Unsinn geschrieben worden. Da würde es doch mal passen, wenn ich meine Erfahrungen mit meinem Selbstbau-Smart-Home berichte.
Zum Gebäude: Baujahr 1909, Saniert 2012, Dach und Kellerdecke gedämmt, neue Fenster, aktuelle Brennwert-Gasheizung, Gasherd, PV-Anlage mit Speicher. Autarkie Strom bei rund 70%, Gesamtverbrauch derzeit etwa 2200 kWh/Jahr.
Mit dem Smarthome fing es an als ich eine Lösung für die Entlüftung von Dusche und WC suchte. Der Elektriker/Installateur war damit überfordert. Also habe ich mir einen Lichtschalter, einen Temperatur/Feuchte-Sensor, einen Relaisaktor für den Lüfter und eine Zentrale von Homematic gekauft. Die meisten Teile gibt es als Bausatz, was Geld spart. Jetzt habe ich eine kombinierte Zeit/Feuchte-Steuerung, die wirklich perfekt funktionier(kein Schimmel und keine schlechten Düfte). Bei den Fachbetrieben wäre das sicher ungleich teurer geworden, wenn die es denn hinbekommen hätten. Keine Energieeinsparung, aber Komfortgewinn und Schutz der Bausubstanz.
Dadurch angefixt habe ich mich um das Flurlicht gekümmert. Jetzt geht es automatisch an, wenn es dunkel ist und man sich im EG bewegt. Man gewöhnt sich schnell daran, wenn man im Dunklen heimkommt und das Licht angeht. Komfortgewinn und ganz kleine Energieeinsparung, da das Licht nicht unnötig brennt.
Dann habe ich die dumme Steuerung der Fußbodenheizung und die Ventile der Heizkörper durch neue Thermostate ersetzt. Das hat mir schnell gezeigt, dass der hydraulische Abgleich des Installateurs noch deutlich verbessert werden kann. Das hat mir nach zwei Heizperioden etwa 15% Heizkosten gespart. Ich nutze seitdem auch nur noch eine deutlich feinere Nachtabsenkung, aufgeteilt nach Zimmer und mit individuellen Temperaturen. Das bringt wieder Komfort. In den meisten Zimmern sehe ich nun die Temperatur und Feuchtigkeit, so spare ich nicht zu viel und gebe das Geld dann für Schimmelsanierung aus. Bislang schimmelt nix, bei einer Luftfeuchte von 60-70%rF ist das auch nicht zu erwarten. Die Umwälzpumpen schalte ich auch nur nach Bedarf ein, bringt übers Jahr auch was. Fürs zeitweise genutzte Büro gibt es einen An/Abwesenheitsschalter für die wärmeliebende Hausherrin. Der Effekt am Öffnungsgrad des Heizungsventil ist offensichtlich. Die Heizungssteuerung bringt also Komfort, Bauwerksschutz und Energieeinsparung.
Die PV-Anlage ist auch eingebunden, die Haussteuerung kennt aktuelle Erzeugung, Verbrauch, Batterieladung usw. Allerdings nutze ich die Informationen bislang nicht zu automatischen Steuerungen, weil sich da praktisch fast nix anbietet. Doch, ich nutze die PV-Anlage als Helligkeitssensor für Außen, bei 0W Erzeugung wird das Außenlicht eingeschaltet. Die Eigenverbrauchsoptimierung läuft derzeit händisch, wenn viel erzeugt wird, einer da ist und die Sonne scheint wird die Wasch- oder Spülmaschine eingeschaltet. Nebenbei fällt ein ungewöhnlich hoher Verbrauch auf, wenn man irgendein Gerät/Kellerlicht vergessen hat.
Im Flur hängt ein einfaches Android-Tablet, bei dem die wichtigsten Dinge visualisiert werden (z.B. offene Fenster, unverschlossene Türen, Temperaturen, Leuftfeuchtigkeiten, Regenradar, PV-Anlage) und bestimmte Dinge (Anwesenheit) geschaltet werden. Das bringt einen sehr hohen WAF und ist wirklich praktisch ("Habe ich das Fenster im Dachgeschoss zugemacht? Wir machen genug Strom zum Waschen! Hat der Zug verspätung?") Hier bringt das Smarthome einen hohen Komfortgewinn durch die Konzentration von Informationen und bringt auch eine gewisse Sicherheit.
Aktuelles Projekt ist die Gartenbewässerung. Mit der Information "viel Sonne (PV-Anlage), Wetterbericht, Außentemperatur und Tür zum Garten ist abgeschlossen damit man nicht unfreiwillig duscht" lässt sich so eine nette Bewässerung aufbauen. Mal schauen.
Das ganze Smarthome hängt in keiner Cloud und ist nicht von außen erreichbar. Die Grundfunktionen von Heizung, Beleuchtung usw. laufen auch händisch. Auch ohne die Zentrale funktionieren die meisten Vorgänge im Smarthome autark.
Wer ein Smarthome als tolle Möglichkeit Energieeinsparung reduziert hat das Potenzial nicht verstanden. Schließlich brauchen die Bausteine des Smarthomes selbst auch Energie, was bei mir nicht so schlimm ist, da der PV-Strom ja recht günstig ist.
Erst durch die Verknüpfung von Informationen bringt das Smarthome den gewünschten Effekt: Komfort- und Sicherheitsgewinn ohne höhere Energiekosten. Dazu die einfache Visualisierung von wichtigen Gebäudedaten, die jeder Bewohner versteht, bringt ein verändertes Bewusstsein ohne gleich in die Geizfalle zu tappen.
Viele der Verbesserungen kann man auch mit "klassischen" Mitteln, z.B. Bewegungsmelder, erreichen, doch sind da Änderungen deutlich mühsamer und manches geht halt nicht. Oder Einzelgeräte, wie Solarlogger, kosten ein Vielfaches und bringen weniger Funktionen.
Vieles habe ich noch gar nicht beschrieben: Waschmaschine fertig Funktion, Espressomaschine fernschalten, Türklingel während der Abwesenheit überwachen, Lichtszenen für Essen, TV usw.
Mein Fazit: Ein gutes Smarthome bevormundet nicht, ist bestenfalls nicht sichtbar und arbeitet als still im Hintergrund um es den Bewohnern so angenehm wie möglich zu machen.
Liebe Grüße
Herr 3x