Netz-Erdung einer Insel in Afrika

  • Hallo Forum,


    ich werde in Afrika (Tropen) in einem öffentliches Gebäude ohne öffentliches Stromnetz eine Insellösung aufbauen.


    Hauptkomponenten ist ein Sunny Island 6.0H, 2x 4kW-Wechselrichter, 16kWh-Hoppecke-Batterien und ca. 8kWp PV-Module.
    Betrieben werden sollen Computer und Licht. Soweit ist alles geplant (Wechselstromnetz, 2 bis 3 Sicherungen).
    Eine ordentliche Edelstahl-Erdung ist schwer herzustellen und ein Kreuzerder erscheint mir nicht ausreichend falls überhaupt erforderlich.


    Nachdem ich jetzt Stunden im Internet und in den VDE-Vorschriften gesucht habe, wende ich mich an Euch (vor allem an die ausgebildeten Elektrotechniker):


    Würdet ihr das Strom-Netz erden? Wie wären hierzu die Vorschriften in Deutschland?
    (Bitte beachten: es gibt kein Anschluß an das öffentliche Netz - gibt es da VDE-Vorschriften?)



    Besten Dank für kompetente Empfehlungen
    Tobias

  • Ich würde das Netz nicht erden, das ist unsicher.
    Wenn das Netz nicht geerdet ist, so kannst Du bedenkenlos an einen Leiter greifen und dich ins Wasser stellen, das ist dann fast so wie der Vogel auf der Stromleitung.
    Was ich einbauen würde wäre eine Erdschlussüberwachung mit Anzeige.
    Wenn dann ein Fehler wie Erdschluss vorhanden ist, kann das Netz weiterbetrieben werden und man kann den Fehler suchen.
    Dafür reicht ein einfacher Erdspieß als Hilfserder.


    Bei einem Inselnetz in Deutschland gibt es nur die Vorschrift dass es sicher sein muss. Wie das umgesetzt wird, ist jedem Planer frei gestellt, VDE-Vorschriften sind nur eine Empfehlung wie man es machen kann, aber kein Kochbuch in welchem steht man nehme dies und das.
    Auch Netze in OP-Räumen sind anders aufgebaut und haben eine Erdschlussüberwachung, denn es wäre schlecht wenn bei einem Fehler gleich alles dunkel würde.

    Wasserkraft, Naturenergie welche wohl als erste die Stromerzeugung ermöglichte, ist sicher Verfügbar, nicht nur wenn die Sonne scheint.

  • Hallo tobse,


    das wird eine Schule oder? Bei dem großen PV-Generator und relativ kleiner Batterie sieht mir das nach Hauptlast zur Tageszeit aus. Ich finde wenn man soetwas gerade für Menschen installiert, die wenig bis gar keine Erfahrung/Kenntins und/oder mit der Elektrizität haben/hatten sind Schutzeinrichtungen ein notwendiges muss.


    Beim Einsatz von Geräten der Schutzklasse 1 (Metallgehäuse) ist das sowieso ein Muss.


    Natürlich kannst du Stab oder Kreuzerder verwenden, nur mehrere (dutzend und mehr) und diese müssen wahrscheinlich auch tiefer versenkt werden, da das Erdreich am Standort in Afrika wohl eher trocken sein wird. Und genau dafür gibt es Messgeräte um die ausreichende Leitfähigkeit des Erdreiches zu gewährleisten.
    Am besten an eine Fachfirma wenden oder zumindest eine geeignete Messeinrichtung besorgen.



    MfG

  • Auch wenn ich kein Elektriker bin so klingt für mich die Erklärung von "Herrvolt" Einleuchtend.
    Das wäre dann Analog zu einem Wohnmobil das ja normal auch keine Erdung hat. Und die Idee
    mit dem Hilfserder um einen Erdschluss zu erkennen ist auch gut. (Damit wird erkannt ob eine
    Versehentliche Verbindung zur Erde vorhanden ist.)


    Was bringt da ein Erder wenn ein "schwebendes" Netz vorhanden ist ?

    5,06 kWp, DN:35°, -27°SSO, Inbetriebnahme: 02.05.2016 ; PVGIS 4 Classic: 902kWh/kWp
    PVGIS-CM-SAF: 1010kWh/kWp

  • Zitat von Solar-Scout

    Auch wenn ich kein Elektriker bin so klingt für mich die Erklärung von "Herrvolt" Einleuchtend.


    Sehe ich auch so. Ein Netz zu erden, ist alte Technik von Anno Zwieback, das hat man früher erfunden um Leitungen zu sparen.
    Wenn man die Gelegenheit hat, etwas besser zu machen, sollte man das auch tun.
    Also nicht erden, und einen Isolationswächter verwenden.
    Wenn das eine Fachfirma machen soll, muss man denen sagen, dass man ein IT-Netz haben will. Dann müssen die zwar erstmal ins Schulbuch gucken, aber die kriegen das schon hin.


    MfG Georg

    • Offizieller Beitrag

    Nun, geerdete Systeme haben auch durchaus ihre Vorteile, z.B. eine sichere Abschaltung bei einem Isolationsfehler. IT-Netz mit Erdschlussüberwachung geht aber auch.
    Da das IT-Netz aber sonst nicht auf einen Isolationsschaden reagiert, bis dann der zweite Schaden auftritt (der dann ggf. zu tödlichen Spannungen an Gehäuseteilen oder ähnlichem am Ort des ersten Fehlers fürhen kann) ist die Isolationsüberwachung da Pflicht. Bei geerdeten Netzen macht das der Leitungsschutzschalter nebenher mit. (Bzw. beim Nulleiter heite der FI-Schutzschalter bei passenden Randbedingungen, das ist aber ein(relativ) unktritischer Fall)

    Ich würde mein Geld auf die Sonne und die Solartechnik setzen. Was für eine Energiequelle! Ich hoffe, wir müssen nicht erst die Erschöpfung von Erdöl und Kohle abwarten, bevor wir das angehen.
    Thomas Alva Edison
    Trockenplatzdach 2,6kW zum Spielen :)

  • Zitat von hfrik

    Bei geerdeten Netzen macht das der Leitungsschutzschalter nebenher mit.


    Es handelt sich um ein Inselnetz. Ich kenne zwar nicht die Leistung welche dahinter seht, aber ich weiß folgendes:
    Ein Leistungsschalter der Charakteristik B benötigt den 5fachen Strom um in der geforderten Zeit abzuschalten. Wieviel das bei nur 10A sind, kann sich jeder selbst ausrechnen. Eine Schmelzsicherung liegt höher..
    Das hat aber auch wieder mit Erdung gar nichts zu tun. Das würde auch bei klassischer Nullung passieren, wenn ein Fehlerfall auftritt, falls der WR diese Ströme leisten könnte.


    Welche Teile es in Afrika gibt weiß ich nicht, aber ich weiß dass man das nicht mit Deutschland vergleichen kann. Ein Isolationsüberwachungsgerät kann man aber leicht mitnehmen.

    Wasserkraft, Naturenergie welche wohl als erste die Stromerzeugung ermöglichte, ist sicher Verfügbar, nicht nur wenn die Sonne scheint.

  • Man muss bei diesem Thema zwei Dinge strikt auseinander halten, und zwar Potentialausgleich und Erdung.


    Bei einem Potentialausgleich werden alle elektrisch leitfähigen und berührbaren Oberflächen aller ´elektischen Betriebsmittel´ in einer Baumstruktur mit einem Punkt im Gebäude(-komplex) verbunden. Wenn man nur ein Gebäude hat, dann ist durch den Potentialausgleich (plus RCD/FI-Schalter) die elektrische Sicherheit gewährleistet. Das Problem taucht auf, wenn man mehrere Gebäude hat. Wenn man sicher gehen will, dann verbindet man die Potentialausgleichsschienen der verschiedenen Gebäude miteinander (Kupfer 6 mm²).


    Diesen Potentialausgleich kann man mit dem Erdpotential verbinden, muss man aber nicht, denn es ändert sich hierdurch nichts an der betrieblichen Sicherheit. Eine Überwachung auf Erdschluss kann man machen, ist aber nicht essenziell.

    Unser Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann (Francis Picabia)

  • Zitat von jdhenning

    Diesen Potentialausgleich kann man mit dem Erdpotential verbinden, muss man aber nicht, denn es ändert sich hierdurch nichts an der betrieblichen Sicherheit. Eine Überwachung auf Erdschluss kann man machen, ist aber nicht essenziell.


    Jetzt nehme ich mal dein System auf. Alles mit Potentialausgleich aber ohne Erdung oder deren Überwachung.
    Wenn jetzt ein Fehler ansteht, Beispiel Erdschluss eines Leiters. Dann passiert erst mal nichts, da kein FI auslöst, denn es fließt kein Fehlerstrom. Dieser würde womöglich erst fließen wenn ein zweiter Fehler ansteht.
    Falls es in Afrika überhaupt FI gibt, würde jetzt alles abschalten. Das ganze würde nur richtig, also beim ersten Fehler abschalten wenn man einen guten Erder hat und man FI-Schalter zur Verfügung hat.
    Die Betrachtung bezieht sich auf Fehler gegen Erde, nicht gegen den Potentialausgleich, da löst der FI natürlich beim ersten Fehler aus.

    Wasserkraft, Naturenergie welche wohl als erste die Stromerzeugung ermöglichte, ist sicher Verfügbar, nicht nur wenn die Sonne scheint.

  • Ich würde von einer Erdung der Anlage abraten. Wenn man trotzdem eine Personensicherheit gewährleisten will falls mal ein Erdschluss eines Leiters (Fehler) zusammen mit einem Isolationsfehler des anderen Leiters bestünde, also zwei Fehler im Verteilnetz gleichzeitig vorliegen müssten, was auch der Vorteil gegenüber unserem aktuellen Erdungssystem ist, so erfüllt ein FI-Schutzschalter in der Anlage ganz genauso die Funktion wie auch in einem geerdeten Netz. Der Einbau eines FI-Schutzschalters wäre sowieso obligatorisch. Falls irgendwo ein personengefährdender Strom nach Erde abfließen kann, warum auch immer, wird ein FI-Schutzschalter dann ganz genauso auslösen wie auch in einer Verteilnetzanlage hier mit Erdung.
    Die Leitungsschutzfunktion wird ja generell durch Leitungsschutzschalter ebenfalls gewährleistet.
    Die Erdung hier in EU ist halt historisch so vor langer Zeit gekommen und damals aus netzseitigen Spargründen entstanden, man könnte auch sagen veraltet. Wenn man heute ein Inselnetz neu aufbaut sollte man die Vorteile einer "Nichterdung" auch nutzen.


    Viele Grüße:


    Klaus

    "Ich hatte nie zuvor ein Produkt um das ich so betteln musste um es zu bekommen um später so kämpfen zu müssen und alles zu versuchen um es nur behalten zu dürfen"
    Peter Horton 2003 über sein GM EV1 in"Who killed the electric car"