Bifaziale Module im Kommen

Bifaziale Module im Kommen

Photovoltaikmodule, die Licht von zwei Seiten zur Stromproduktion nutzen, gibt es schon länger. Aber ihre Fertigung war weltweit klein. Dies scheint sich gerade zu ändern: Mit Panasonic, LG Electronics und Solarworld bieten drei Konzerne bifaziale Module an. Im Laufe des Jahres ist mit weiteren großen Anbietern zu rechnen. Für den Anwender bedeuten die Fabrikate höhere Erträge – abhängig vom Neigungswinkel und der Farbe des Bodens, über dem die Module montiert sind.

Ein großer Teil des Lichts, das auf eine Solarzelle trifft, geht durch diese hindurch, ohne den Photoeffekt auszulösen. Das liegt daran, dass die Lichtteilchen entweder nicht energiereich genug sind, um Elektronen freibeweglich zu machen. Oder die Photonen können nicht eingekoppelt werden, weil sie beispielsweise auf Zellzwischenräume treffen. Um letzteren Effekt abzuschwächen, hat die Solarbranche schon vor langer Zeit Solarzellen entwickelt, die das Licht von zwei Seiten nutzen können – auf der Vorder- und Rückseite. Photonen, die die Vorderseite einfach passieren, können noch auf der Rückseite zur Stromproduktion genutzt werden, wenn das Licht in die Zelle zurückreflektiert wird. Dies geht bei Modulen mit einer gläsernen Rückseite umso besser, je heller der Untergrund ist. Aber auch bei einer weißen Rückseitenfolie lässt sich der Effekt erzielen.

Ein Installateur bei der Arbeit. Foto: BSW-Solar

Bifaziale Module weisen häufig eine gläserne Rückwand auf – dann kann mehr Licht auf der Rückseite der Solarzellen eingekoppelt werden. Foto: BSW-Solar

Verschiedene Firmen haben in der Vergangenheit bifaziale Module angeboten: Unter den Herstellern kristalliner Module aus Silizium sind Sanyo (heute weiterhin von Panasonic vertrieben), Bosch Solar, die Solarfabrik. Der bekannteste Dünnschichthersteller von bifazialen Modulen war Solyndra. Ihren Durchbruch erlebte die Technologie am Markt jedoch nicht. Bislang, ist hinzuzufügen. Denn mit LG Electronics und der Solarworld AG bieten zwei weitere der großen Modulhersteller bifaziale Module an. LG begann vor zwei Jahren mit einer kleinen Produktionsmenge, weitet diese aber seither aus. Solarworld liefert seit Ende 2015 Module, die Licht auf zwei Seiten nutzen können. Im Januar kündete das Unternehmen an, auch ihre PERC-Module mit bifazialen Eigenschaften anzubieten und zeigte erste Exemplare diese Woche zur Messe Light + Building.

Drei zusätzliche Produktionsschritte bringen höheren Wirkungsgrad 

Für die Zellherstellung bedeutet die Schaffung einer zweiten photoaktiven Seite drei zusätzliche Produktionsschritte, erklärt Stephan Hotz vom Anlagenbauer Singulus Technologies AG. Die Zelle muss auf der Rückseite poliert und passiviert werden und anschließend wieder geöffnet, um die Kontaktierung zu ermöglichen. Singulus bietet Erweiterungen zu bestehenden Produktionsanlagen an, die es Herstellern ermöglicht, recht einfach das Zellkonzept in ihre Fertigung zu integrieren. Anfang vorigen Jahres installierte der Maschinenbauer die ersten Anlagen bei Kunden zur Pilotproduktion. Es handelt sich Singulus zufolge um eine zweistellige Zahl von Zellherstellern, die die Erweiterungen weltweit gekauft haben. Wenn die neuen Module die Erwartungen der Kunden erfüllen, werden bald weitere Anbieter bifaziale Module präsentieren. Die Ersten wahrscheinlich schon in diesem Jahr auf den großen Solarmessen.

Die Herstellungskosten für die Module sind ein wenig höher, sagen Hersteller. Dies gleiche sich aber mit der Leistungssteigerung aus, so dass der Preis pro Watt gehalten werden könne. Je nachdem, welcher Typ Silizium verwendet wird, liegt die Effizienzsteigerung bei einem bis mehr als zwei Prozentpunkten. Solarworld verzeichnet bislang einen Anstieg um einen Prozentpunkt in der Serienfertigung bei Standardmodulen. Die Rückseite weise bei den Fabrikaten der ersten Generation einen Wirkungsgrad in Höhe von rund 70 Prozent der Vorderseite auf. Das klingt vielversprechender als sich über die Leistungsmessung nachweisen lässt. Unter freiem Himmel liegt der Effekt der stromerzeugenden Rückseite aber auch weit höher – weil wesentlich mehr Licht von der Rückseite in die Zelle eingekoppelt werden kann, als es bei einer Leistungsmessung unter Standardtestbedingungen in einem stockfinsteren Raum möglich ist. Es bietet sich daher an, das Modul mit einem Glas abzuschließen. Dann kann nicht nur durch das Modul hindurchgegangenes Licht in dieses zurückgeworfen werden, sondern auch Licht, das die Rückseite aus allen anderen Himmelsrichtungen erreicht.

Mehrerträge zwischen fünf und 20 Prozent bei gläserner Rückwand

Überwiegend nutzen die Anbieter bifazialer Module denn auch Glas als Rückwand anstatt weißen Kunststoffs. Lediglich LG bietet die entsprechenden Module weiterhin mit einer Rückseitenfolie an. Das begründet das Unternehmen damit, dass die Zielgruppe Betreiber von Anlagen auf Wohnhäusern seien. Die Ausbeute pro installiertes Kilowatt Leistung erhöht sich, je heller der Untergrund von bifazialen Glas-Glas-Modulen ist. Da Dachziegel in der Regel gedeckte Farben aufweisen, ergäbe das keinen Sinn. Aber auch die Rückseitenfolie reflektiert Licht zurück in die Zelle. Den Mehrertrag beziffert LG auf diese Weise mit zwei bis drei Prozent im Vergleich zu monofazialen Modulen.

Das Potenzial liegt aber höher, wenn die Modulrückseite gläsern und der Untergrund ganz hell ist, auf dem die Module installiert sind. Jeder Hersteller macht andere Angaben, wie stark sich der Ertrag pro Watt Leistung erhöhen kann. Eine unabhängige Untersuchung liegt von dem Institut ECN (Energy Research Center of the Netherlands) aus den Niederlanden vor. Präsentiert haben die Forscher ihre Ergebnisse 2014 zur PVSEC in Amsterdam. Sie haben im Labor und unter freiem Himmel Minimodule auf ihren spezifischen Ertrag hin untersucht und die Einflussfaktoren abgeklopft.

Großen Einfluss auf die Wirkung eines bifazialen Moduls haben demnach der Neigungswinkel und die Farbe oder Helligkeit des Bodens, auf dem die Module montiert sind, sowie die Intensität der Strahlung. Bezüglich des Neigungswinkels gilt: Je flacher, desto stärker erhöht sich die Ausbeute. Allerdings ist der Effekt auch bei einer 30-Grad-Neigung noch kräftig. Bei den Messungen im Freien wurden Module mit bifazialen und monofazialen Eigenschaften miteinander verglichen. Die Prüflinge – allesamt mit gläserner Rückwand – wurden auf einem Flachdach aufgeständert. Es zeigte sich, dass der höchste Mehrertrag einmal in den Morgen- und Abendstunden erzielt wurde, wenn die Sonne also flach am Horizont steht. Die sonnenreichen Monate zeigten um bis zu sechs Prozent höhere Erträge. Über das gesamte Jahr erzielten die Module, die auf Betonuntergrund standen, fünf Prozent Mehrertrag. Jene auf weißem Boden produzierten dagegen 20 Prozent mehr Solarstrom als ihre monofazialen Pendants.

Gängige Simulationsprogramme berücksichtigen bifaziale Eigenschaften nicht

In der Praxis lässt sich bislang schwer bestimmen, wie viel eine Anlage mit bifazialen Modulen an Strom generieren wird. Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) entwickelt Werkzeuge zur Simulation der Einstrahlung auf der Rückseite eines Moduls, denn handelsübliche Simulationsprogramme können dies nicht.

Setzen sich bifaziale Module in den kommenden Jahren am Markt durch, wird ein weiterer Parameter für den Ertrag einer Anlage entscheidend sein. Dann ist nicht nur der Neigungswinkel und die Ausrichtung eines Systems ausschlaggebend für den Stromertrag pro installiertes Kilowatt Leistung, sondern auch wie stark reflektierend die Flächen hinter den Zellrückseiten sind.

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Ines Rutschmann editor