Aktuelle Zinsentwicklung

    • Offizieller Beitrag

    Die Entwicklung der Zinsen beobachte ich schon seit 3 Jahrzehnten. Teils als Anleger am Bondmarkt, früher auch als Kreditnehmer bei Immobilien und vor wenigen Jahren für Investitionen im PV-Bereich. Auch hat die Zinsentwicklung einen großen Einfluss auf die Unternehmensgewinne und damit auf die Börse.


    Aktuell sieht es so aus, dass die Zinsen im 5- und 10-Jahresbereich fallen werden. Ein wichtiger Indikator ist das Verhältnis der Zinsen zwischen den verschiedenen Laufzeiten. Zur Zeit sind die Zinsen im einjährigen Bereich höher als bei langen Laufzeiten, wir haben eine inverse Zinsstruktur.


    Die orangene Linie sind die Zinsen im 10-Jahresbereich, die graue Linie im 3-Monatsbereich.


    Eine inverse Zinsstruktur haben wir immer dann, wenn die meisten Marktteilnehmer von fallenden Langfristzinsen ausgehen. Lieber leihen sich die informierten Kreditnehmer Geld im kurzfristigen Bereich als es lange festzuschreiben. Umgekehrt müssen die Banken den Anlegern im kurzfristigen Bereich mehr Zinsen bieten damit sie nicht länger festschreiben.


    Natürlich ist die Sache viel komplexer. Die Zinsen folgen stets der Inflationserwartung. Die Inflation ist derzeit hoch wegen den gestiegenen Rohstoff- und Energiepreisen. Aber gehen diese Preise zurück so wie derzeit am Ölmarkt, so haben wir nächstes Jahr aufgrund des Basiseffektes momentan sehr hoher Preise sogar Chancen auf eine Inflationsrate unter Null und damit auf stark sinkende Zinsen. Einzig die Euroschwäche spricht gegen fallende Zinsen. Eine große Unbekannte sind die weiteren Fakten der sogenannten Subprime-Krise.


    Dies ist nur meine Meinung und keine Handlungsempfehlung. Ich achte stets auf eine ausgewogene Laufzeitenverteilung meiner Zinsanlagen. Nur hohe Tagesgeldkonten zu führen greift zu kurz. Eine Zinsanlage muss auch auf die persönlichen Besonderheiten Rücksicht nehmen: Wann brauche ich wieviel Geld ? Wer regelmäßige Zinseinnahmen haben möchte, sollte sich die jetzigen Zinsen für ein paar Jahre sichern. Kreditnehmer haben es derzeit nicht eilig mit einer Zinsfestschreibung auf viele Jahre. Aber immer so lange festschreiben, dass man seine Raten unabhängig von der Zinsentwicklung immer bezahlen kann !


    Das Dumme an den Märkten ist nur, dass wenn eine Änderung eintritt das immer sehr schnell und kräftig abläuft weil alle das Gleiche zur selben Zeit tun.

  • Hallo Kollektor,
    sehr schön geschrieben und mit einem "Langfrist-Chart" untermauert. An den Märkten spielt die Subprime-Krise oder auch die Vertrauenskrise unter den Banken immer noch eine entscheidende Rolle. Daher kommt es momentan im Geldmarkt (bis einjährige Laufzeit) zu entsprechenden (Risiko-)Aufschlägen und letztendlich zu einer inversen Zinsstrukturkurve. Nimmt das Vertrauen wieder zu, wird es am kurzen Ende zu sinkenden Zinsen führen. Momentan gibt es Banken, die sich overnight bis ein Jahr nur mit Aufschlägen von 80 bis 200 Basispunkten refinanzieren können...
    Bleibt auf jeden Fall spannend, wohion die Reise geht.


    Gurgi77

    • Offizieller Beitrag

    Hallo gurgi77,


    vielen Dank für den Hinweis, bei meinen Betrachtungen habe ich die Risikoverteilung über die unterschiedlichen Laufzeiten nicht gebührend eingepreist. Sollte die inverse Zinsstruktur hauptsächlich durch den höheren Risikoanteil bei den kurzfristigen Laufzeiten bedingt sein, so ziehe ich möglicherweise die falschen Schlüsse über die weitere Zinsentwicklung. Trotzdem glaube ich auch aufgrund der kunjunkturellen Abkühlung und wieder nachlassender Inflation im nächsten Jahr an eher nachgebende Zinsen im langfristigen Bereich. Wirklich voraussehen kann die weitere Entwicklung sowieso niemand, man kann lediglich darüber spekulieren.


    Vor wenigen Monaten glaubte ich sogar an wieder anziehende Zinsen im langfristigen Laufzeitenbereich und habe mich teilweise darauf positioniert, indem ich fällig gewordene Bonds nicht gleich wieder im langfristigen Bereich investiert habe. Im Moment schichte ich vorsichtig um.


    Grundsätzlich ist es so, dass man mit sicheren Zinsanlagen unter Berücksichtigung von Steuern und Inflation Vermögen nicht bilden sondern nur erhalten kann. Ich würde ja lieber in eine weitere PV-Anlage investieren aber im Moment sehe ich keine günstigen Bedingungen dafür. Auch im Aktienbereich sehe ich momentan mehr Risiken als Chancen und nur wegen des kommenden Wegfalls der Spekulationsfristen gehe ich keine weiteren Investments ein, zumal das ebenfalls wegfallende Halbeinkünfteverfahren bei der Besteuerung von Dividenden sich negativ auswirkt.


    Aber was mach ich mir immer einen Kopf, in wenigen Jahren bekomme ich meine sichere, wenn auch nicht kaufkraftresistente Rente und die ebenfalls nicht inflationsgesicherten Erträge der vorhandenen PV-Anlagen, aber zum Leben reicht es allemal. Man sollte seinen Blick auch mal in andere Länder werfen und sehen wie die ihre Lebensfreude mit noch viel weniger Einkommen haben :wink:

    • Offizieller Beitrag

    Damit das Thema PV-relevant bleibt, zeige ich noch die Grafik der Zinsentwicklung über die letzten 20 Jahre für die 10jährige ( orange ) und die 5jährige ( grau ) Zinsbindung.



    In der Regel war es in der Vergangenheit etwas billiger wenn man Investitionen mit 5jährigen Zinsbindungen finanziert hat. Das sollte man aber nur tun, wenn man sich des Risikos von Zinssteigerungen bewusst ist bzw. sich davon unabhängig macht indem man die Investition in 5 Jahren zurückführt. Für eine PV-Anlage von 10 kWp und 42000 € muss man bei Vollfinanzierung mit 5 % Zins etwa 800 € monatlich zurückführen. Bei einer Vergütung von 4400 € im Jahr bedeutet das eine Zuzahlung von ca 430 € monatlich zu der Einspeisevergütung. Alternativ zahlt man die Hälfte des Kaufpreises aus Eigenkapital und zahlt alleine mit der Einspeisevergütung den Kredit ab. In den ersten 5 Jahren passiert auch nicht viel da i.d. Regel noch Garantie auf den Komponenten liegt. Wenn man das so macht, hat man dann noch 15 Jahre den vollen Genuss der Einspeisevergütung, steuerliche Effekte mal außen vor gelassen.


    Hat man noch Belastungen auf dem privat bewohnten Haus, lohnt es sich erst diese zurückzuführen und den Kredit auf der PV-Anlage zu strecken. Aber dann nur mit entsprechender Zinsbindung um keine unangenehmen Überraschungen zu erleben.

    • Offizieller Beitrag

    Was als Subprime-Krise begann und die amerikanische Bankenlandschaft völlig umkrempelte, ist inzwischen eine globale Finanzkrise wie sie es seit 1929 nicht mehr gegeben hat. Der Fastzusammenbruch der Hypo Real Estate hat mit Amerika nicht mehr viel zu tun, es war ein unverzeihlicher Fehler der Depfa ( Deutsche Pfandbriefbank), eine Tochter der HRE. Sie lieh Geld langfristig aus und refinanzierte sich kurzfristig. Die Zinsinversion führte zu einer bedrohlichen Liquiditätslage. Inzwischen sind mehrere europäische Banken nur durch massive staatliche Hilfen am Leben erhalten worden, Island ist sogar als Staat de facto pleite.


    Das Fluten mit Geld durch die Notenbanken mit der Herabsetzung des Leitzinses schlägt jetzt auf die Zinshöhe durch, die KfW senkt morgen den Zins z.B. für Umweltinvestitionen. Die Lage ist aber dermaßen volatil, dass niemand mehr eine seriöse Aussage machen kann wie es weiter geht. Der Bund-Future ging heute abend einen ganzen Punkt runter, d.h. die zehnjährigen Anleihen werden billiger und damit geht der Zins schon wieder rauf. :-?


    Wie ich schon in einem anderen Beitrag schrieb gilt für uns PV-Betreiber:


    Gott schütze uns vor Eis und Schnee,
    vor Hagel, Sturm und KfW...

  • Moin,


    gestern konnte man beobachten, dass der Bund-Future nach der Zinsentscheidung deutlich fiel. Entgegen der Entscheidung der Zentralbanken sind also gestern die Zinsen gestiegen.


    Gott schütze uns vor allem Bösen,
    vor Banken, Krankenschwestern und Friseusen ...


    Viele Grüße



    Stevie

    <p>Dr. Stefan Rode</p>
    <p>Rechtsanwalt und Steuerberater</p>


  • Mit dem fallen des Bund-Future sind die Renditen gestiegen. Einziges Problem, ein Handel im Markt war / ist nicht immer zu den Renditeindikationen, wie sie der Bund-Future signalisiert, möglich. An den Refinanzierungssätzen, wie sie die EZB vorgibt, ändert dies nichts. Kurz gesagt, im Markt werden immer noch aus Liquiditätsgründen einzelner Banken, entsprechend höhere Zinssätze geboten. Sehr schön zu sehen an der Inversität im bis einjährigen Laufzeitbereich. Jedoch ist die EZB gewillt, über die nächsten Tender den Markt Liquidität in ausreichender, nach aktuellem Stand unbegrenzter Höhe, zur Verfügung zu stellen, bei gleichzeitiger Einengung des Zinskorridors von 2 auf 1 Prozent.


    Christian

    • Offizieller Beitrag

    FTD: Fed senkt Leitzins auf historisches Tief
    29.10.2008 - 23:02


    Auszug:


    Die US-Notenbank setzt ihren Kampf gegen die Folgen der Finanzkrise und die drohende Rezession mit dem bewährten Mittel fort: Sie senkt den Leitzins um 50 Basispunkte auf nunmehr 1,0 Prozent, einen historischen Wert. Der letzte Zinsschritt liegt erst wenige Wochen zurück.


    Andere Zentralbanken begleiten die Fed auf ihrem Kurs. Zuletzt beteiligten sich auch die Europäische Zentralbank (EZB) und die Bank of England (BoE) an der konzertierten Zinssenkung um 50 Basispunkte. Es wird damit gerechnet, dass die EZB auf ihrer Sitzung nächste Woche den Leitzins von 3,75 Prozent weiter absenkt EZB-Präsident Jean-Claude Trichet hatte sich zuletzt in dieser Richtung geäußert. Erwartet wird ein weiterer Schritt um 50 Basispunkte auf 3,25 Prozent. Das wäre das tiefste Niveau seit zwei Jahren. Die britische Notenbank dürfte in der kommenden Woche ebenfalls die Zinsen senken.


    Autor/Autoren: Matthias Brügge (Hamburg) und Tobias Bayer (Frankfurt)


    (c) FTD

  • ....wie sieht es eigentlich mit dem Handlungsspielraum der US-Notenbank aus, wenn die Zinssenkung verpufft? Viel weiter nach unten geht es ja wohl bald nicht mehr oder?


    Gruß Helios

  • Zitat von Helios

    ....wie sieht es eigentlich mit dem Handlungsspielraum der US-Notenbank aus, wenn die Zinssenkung verpufft? Viel weiter nach unten geht es ja wohl bald nicht mehr oder?


    Der Spielraum für die US-Notenbank dürfte noch bei ca. 1,0 Prozentpunkten liegen, wie man aus gut unterrichteten Kreisen hört. :wink:


    Bei unter 1,0 Prozentpunkten wird aber nicht mehr von Leitzins gesprochen, definitionsgemäß handelt es sich dabei dann auf der nach unten offenen Greenspan-Skala um den Leidzins.


    Übrigens schade, dass Greenspan nicht Musiker geworden ist; da hätte man wenigstens schon beizeiten folgenlos den Ton abstellen können.


    Na ja, wie sagt der Franzose: Shit happens!


    Einen schönen Monatsabschluss, hier bei uns mit Schnee wünscht


    Thomas